Der medizinische Fortschritt in der Geburtshilfe und Neugeborenenmedizin hat zur Folge, dass immer kleinere Frühgeborene überleben. Während ihre
Körper mit allen verfügbaren technischen Mitteln am Leben erhalten werden, um ihnen das Reifen außerhalb des Mutterleibes zu ermöglichen, sind die kleinen Seelen einer Fülle von störenden bis quälenden
Einflüssen ausgeliefert, ohne durch den mütterlich umsorgenden und liebevollen »Stoßdämpfer« aufgefangen zu werden. Dem Frühgeborenen fehlt die »im letzten Schwangerschaftsdrittel besonders intensive
rhythmische Stimulation durch die Klangumgebung im Mutterleib. Und es fehlt ihm nicht nur die Mutterstimme, auf die es schon intrauterin reagiert, sondern auch der dadurch ermöglichte emotionale Dialog
des Kindes mit der Mutter.« (Friedrich Porz, Vorwort S. 8-9)
In angenehm verständlicher und einfach strukturierter Form vermitteln die Autorinnen und Musiktherapeutinnen Monika Nöcker-Ribaupierre und Marie-Luise
Zimmer die bindungsfördernde Wirkung von Musik für das emotionale und körperliche Gedeihen frühgeborener Babys, in deren Mittelpunkt die Stimme der Mutter steht, welche direkt und mit Hilfe von Tonbandaufzeichnungen zu ihrem Kind spricht und singt, um den Kontakt trotz technischer Barrieren und räumlicher Trennung nicht vollkommen abreißen zu lassen.
»Die Stimme ist ein wichtiger Kommunikationsträger. Sie ist unser Körperinstrument und unser unmittelbarster und persönlichster Ausdruck. Die
Stimme übermittelt Emotionen, Gefühle und Gedanken und sie schafft Verbindung und Kontakt zwischen uns Menschen. In ihr ist unsere gesamte Lebensgeschichte enthalten: Stimme – stimmig sein
– Stimmung – verstimmt sein – bestimmen – Bestimmung – hier stimmt etwas nicht. Die Begriffe spiegeln die enge Verbindung zwischen unseren Gefühlen und der Stimme wieder.
Die Stimme führt in die Zeit der Wärme, der Geborgenheit und des Gehaltenseins, in die Zeit der Symbiose. Sie ist der erste Klang, der einem Kind begegnet.« (S. 51)
In Anbetracht der Beliebtheit von Mobiltelefonen und ihrer alltäglichen Benutzung sollte es eigentlich allen Erwachsenen selbstverständlich
scheinen, dass niemand so sehr auf eine stimmungsvolle persönliche Ansprache angewiesen ist wie ein zu früh geborenes Baby.
So sei dieses Buch nicht nur Eltern, sondern allen beruflich Engagierten ans Herz gelegt in der Hoffnung, dass die dort beschriebenen Anregungen
und Hilfen aufgegriffen und sogleich in die Praxis umgesetzt werden. Darüber hinaus dient es ebenso der Förderung eines liebevolleren Umganges mit reif geborenen Babys sowie jenen, die besonders
reizanfällig auf Geräusche ihrer Umgebung reagieren und nur schwer zur Ruhe finden.
Jutta Riedel-Henck, 19. Oktober 2004
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