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Hyperaktive Kinder

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NeuhausHyper

Cordula Neuhaus

Das hyperaktive Kind
und seine Probleme

240 Seiten, kartoniert
€ 12,90
Urania Verlag, Berlin
11., völlig überarbeitete Neuaufl, März 2002
ISBN 3-332-00872-2

Auf dem Gebiet der Hyperaktivität, heute vor allem Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitätsstörung, kurz ADHS genannt, wirkt die Autorin Cordula Neuhaus ausgesprochen bewandert.

Entsprechend reichhaltig bestückt ist das Buch mit Informationen über die Geschichte und Forschung rund um ADHS, Fallbeispielen vom Kleinkind bis zum Jugendlichen, eingehend auf die Probleme der Kinder, aber auch ihrer Eltern und Lehrer, Diagnose-Verfahren in der ärztlichen Praxis bis hin zu Behandlungsmöglichkeiten durch verschiedene Therapieformen.

Inhaltlich bekommt der Leser einen intensiven Eindruck und Überblick in die Fülle und Vielfalt der Gesamtproblematik, deren besondere Herausforderung darin liegt, dass sich keine Patentrezepte zur raschen Lösung der Unruhe und Aufmerksamkeitsstörung anbieten.

Vielmehr ginge es darum, das Kind zu nehmen, wie es sei, und ihm durch kontrollierte pädagogische Maßnahmen im Alltag Orientierungshilfen zu schaffen, klare und eindeutige Regeln in Rücksprache mit dem Kind und anderen Beteiligten zu entwerfen und wachsam zu bleiben, kurz: ein Leben im Hier und Jetzt zu führen, um zugleich eine Struktur zu entwickeln, die das Chaos in Form bringt und die Zeit überschaubar gestaltet.

Vorurteile, das Kind sei einfach schlecht erzogen und die Eltern unfähig oder gar zu nachlässig, widerlegt die Autorin. Mahnende Worte erhebt Cordula Neuhaus gegen die im Zusammenhang mit Hyperaktivität propagierte „Festhaltetherapie“, die zu einer Ideologie geworden sei, um die Kinder wie ihre Eltern regelrecht zu vergewaltigen. Auch Illusionen, das Syndrom mit Naturheilmitteln oder Diäten erfolgreich behandeln zu können, werden dem Leser genommen. Stattdessen sei die wohl dosierte und stets neu zu prüfende Gabe von Medikamenten in manchen Fällen sinnvoll und hilfreich.

Wie immer gilt: Wer selbst nicht betroffen ist, hat leicht Reden und Urteilen. Umso wichtiger, dass Eltern sich nicht blind von Meinungen manipulieren lassen, sondern darauf pochen, ihren eigenen Weg zu finden, um sich selbstständig zu informieren, fortzubilden und das Gespräch zu suchen: mit dem Kind, anderen Betroffenen, Ärzten und Therapeuten.

Auf diesem Weg ist das Buch ein sinnvoller Einstieg in die Materie. (Anm. vom 4.10.03: Nach eigener Fortbildung würde ich heute das Buch »Neues vom Zappelphilipp« als Einstiegswerk empfehlen.) Der Lesefluss fiel mir allerdings schwer, die Kapitel wirken in sich zerrissen und verzettelt, ähnlich rasch wechselnder Szenenfolgen moderner Fernsehfilme, die es dem einfachen Menschen verleiden, sich in Ruhe auf den Inhalt einzuschwingen.

Gerade bei der Beschreibung verschiedener Therapiemöglichkeiten hätte ich mir konkrete Fallbeispiele gewünscht, stattdessen überwiegen darin allgemein gehaltene und für Laien kaum verständliche Begriffe, die für betroffene Eltern womöglich fremd oder gar abschreckend wirken, statt Schwellenängste zu lösen und Einsichten in die Praxis therapeutischer Arbeit zu eröffnen.

Zu kurz kommt in dem Buch die Bedeutung der Eltern-Selbsthilfe, damit ihre Kompetenz als Erzieher ihrer (hyperaktiven) Kinder.  So einfühlsam die Autorin auch die Probleme von Kindern, Eltern und Lehrern zu berücksichtigen vermag, hinterlässt es im Großen und Ganzen das Bild eines nach wie vor zu großen Gefälles zwischen Helfern und Betroffenen.

Womöglich eignet sich dieser Ratgeber mehr für Außenstehende, die beruflich mit dem „ADHS“-Kind konfrontierten Nicht-Betroffenen wie Lehrer, Ärzte und Therapeuten. Eltern, aber auch ältere Kinder bedürfen aus meiner Sicht einer persönlicheren Erzählweise, um sich mit dem Dargestellten zu identifizieren und seelisch aufgefangen zu fühlen. Bleibt also zu wünschen, dass noch manch ein Betroffener sein eigenes Werk zum Thema verfasst und auf diesem Weg als kompetentester Experte an die Öffentlichkeit tritt.

Jutta Riedel-Henck, 8. Februar 2003

siehe auch: ADS-Bücher kritisch betrachtet 

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Bezugsadresse:
Elterngruppe ADS/H
Ligusterweg 32
60433 Frankfurt/M.
Tel: (0 69) 54 08 22
Fax: (0 69) 7 91 21 27 32

E-Mail:
info@ads-hyperaktivitaet.de
Homepage

felixdietz

Felix Dietz

Wenn ich doch nur
aufmerksam sein könnte!
Ein hyperaktiver Jugendlicher berichtet

142 Seiten, kartoniert
Elternselbsthilfe
ADS/Hyperaktivität
Frankfurt/Main, 1999
€ 7,00 + Porto

Der Begriff »hyperaktiv« scheint heute in aller Munde – und doch wissen nur wenige, welches Leben, welche Erfahrung, welche möglichen Ursachen sich dahinter verbergen.

An aufklärenden Angeboten mangelt es eigentlich nicht. Vielmehr schreckt alleine der Umstand ab, dass Hyperaktivität als Krankheit gehandelt wird, die durch bestimmte verhaltenstherapeutische Maßnahmen oder eine »gute« Erziehung in den Griff zu bekommen sei. »Wenn du nur willst, dann kannst du auch!«, bekommen Menschen, die aus dem gewohnten Rahmen fallen, häufig zu hören, seien sie nun Kind oder Erwachsener. Die Anpassung an die gegebenen Umstände steht bei alledem im Vordergrund. Kein Wunder also, dass Menschen immer dann auffallen, wenn sie in der Gruppe, in Kindergarten oder Schule, am Arbeitsplatz ... ihre Eigenart nicht verbergen können.

Das Buch von Felix Dietz ist ein wahrer Lichtblick für alle, die aus kranken Vorstellungen aussteigen möchten, um der Wirklichkeit Türen und Fenster zu öffnen. Ich habe mich in vielen seiner Beschreibungen wiedergefunden, obwohl ich keinen entsprechenden Stempel in meinem Gesicht trage. Auch ich kann mich schwer konzentrieren, wenn mich etwas nicht wirklich zutiefst anspricht und interessiert, auch ich kann nicht lange warten, wenn ich Ungerechtigkeit um mich herum wahrnehme, auch ich sage manch einem zu (?) schnell die Meinung und kann nicht lügen, ich schweife gerne von Themen ab, die meinem inneren Seelenleben fern sind, die mich nicht berühren und bekam als Kind und (!) Erwachsene zu hören, ich könnte ja, wenn ich nur wollte.

ADS, die Abkürzung für AufmerksamkeitsDefizitSyndrom, ist keine Krankheit, sondern eine Art Sonderfall, eine sonderbare Voraussetzung, die es dem »ADSler« durch eine so genannte Stoffwechselstörung (Anm. vom 4.10.03: das Vorhandensein einer solchen Stoffwechselstörung wird zunehmend in Frage gestellt, siehe Rezension von »Neues vom Zappelphilipp«) besonders schwer macht, sich den Anforderungen seiner Umgebung anzupassen. Er ist kein besonders schlecht erzogenes Kind, kein besonders rüpelhafter Kerl, kein besonders aggressiver Verhaltensgestörter, sondern ein besonders sensibilisiertes Wesen, das auf die Ungereimtheiten seiner Umwelt hypersensibel reagiert, um gewissermaßen als Alarmglocke oder Seismograph Schwingungen zu orten, die in all den zugemauerten verhornten Ritterburgen keinen Zutritt mehr erhalten und stattdessen als unwahr, abwesend oder einfach verrückt und verachtenswert kriminalisiert werden.

Der Hinweis von Felix Dietz, dass »auch« berühmte Persönlichkeiten unter ADS leiden (und noch mehr unter ihrer Sonderstellung), kann gar nicht genug in den Vordergrund gestellt werden. Denn gerade Künstler, die zu ihren Lebzeiten verachtet und ausgestoßen wurden, sind die Alarmglocken und Seismographen unserer (zerstörten) Welt. Ob sie nun eine Stoffwechselstörung nachweisen können oder nicht, sie beschreiben den Zustand der Welt ohne Umschweife und falsche Untertöne, die Wahrheit in all ihren schönen bis schrecklichen Facetten, um immer wieder dafür angeklagt und als Sündenbock, als Ventil einer Gemeinschaft missbraucht zu werden. Jeder Mensch, ob mit oder ohne ADS, ist ein kleines verletzliches Wesen und darf nicht für die Kaputtheit der gesamten Menschheit an den Pranger gestellt werden!

Vielmehr geht es darum, dem Menschen als Mensch zu begegnen, um sich im direkten Mit- und Gegeneinander kennen zu lernen, zu reiben, wenn es sein muss, und alte, krank machende Bilder in Frage zu stellen, dem Einzelnen die Chance einzuräumen, sich zu äußern und erklären.

In diesem Sinne wünsche ich dem Buch von Felix Dietz viele offenherzige Leser, und noch mehr wünsche ich den Lesern, sie mögen sich dieses Buches annehmen, in dem endlich einmal ein Kind selbst zu Wort kommt, um zu beweisen, dass Kinder keine Idioten sind, sondern durch und durch verständige, einsichtige, freundliche und lernfähige Menschen: wenn sie nur gelassen werden! So geht es vielleicht weniger darum, sich um Förderer zu bemühen als vielmehr um die Aufklärung der Verhinderer, die dem Einzelnen, mit welcher »Störung« auch immer, die Luft zum Atmen nehmen und zugleich der Möglichkeit berauben, sich selbst zu finden. Felix Dietz hat sich selbst gefunden: Eine Rarität, der viele Erwachsene ein Leben lang hinterherhecheln ...

 Jutta Riedel-Henck, Februar 2000

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BonneyHuether
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Gerald Hüther / Helmut Bonney

Neues vom Zappelphilipp
ADS: verstehen, vorbeugen und behandeln

154 Seiten, kartoniert
€ 14,90
Walter, Düsseldorf u. Zürich
2. Aufl. 2002
ISBN 3-530-40131-5

ADS, ADHS, Hyperkinetisches Syndrom, Aufmerksamkeitsdefizitstörung, MCD, minimale cerebrale Dysfunktion, Stoffwechselstörung, Dopamindefizit, Ritalin ja oder nein, auf keinen Fall oder doch um jeden Preis … Drogenmissbrauch, Verhaltensstörung … Störung, Störung, Störung … – was muss das für eine schreckliche Krankheit sein? Oder gar eine gefährliche Epidemie des 21. Jahrhunderts?

Wer bereits als unbeteiligter Leser die kurz gefassten Meldungen in Tageszeitungen und Illustrierten verfolgt, im Buchladen einen Blick in das ein und andere Werk zum Thema »Hyperaktivität« wagt, wird am Ende selbst unter einem Verwirrtheits-Syndrom leiden, geneigt, den beängstigenden Darstellungen schulterzuckend zu erliegen und beim nächsten Gespräch unter Eltern kritiklos einzustimmen, wenn es heißt: Das Kind braucht Ritalin, es leidet unter einer angeborenen Stoffwechselkrankheit.

Zwischen Betroffenen, d. h. vor allem Eltern unruhiger Kinder, herrscht nicht selten ein regelrechter Meinungskrieg, in dem sich zwei Fronten gegenseitig zu überzeugen suchen: Pro oder Contra Ritalin. Vermeintlich medizinisch fundierte Fakten sind rasch herbeigeholt, Autoren von Ratgeberbüchern werden zitiert wie eine Bibel, Erfahrungsberichte über die Wirkung des umstrittenen Medikamentes scheinen diese sogleich zu bestätigen: Ja, Ritalin hilft, das Problem ist erkannt, die Gefahr gebannt.

Ist sie das wirklich? So fragen die anderen, und nur wenige machen sich auf den Weg, die Wurzeln dieser heftig geführten Debatten zu ergründen und dem Problem wahrhaft umfassend nachzuspüren.

Einen Meilenstein auf diesem Weg bietet das Buch »Neues vom Zappelphilipp«, ein kooperatives Werk des Neurobiologen Gerald Hüther, Professor an der Universität Göttingen, und Kinderpsychiaters sowie Familientherapeuten Helmut Bonney aus Heidelberg.

Auf nur 146 Seiten (zuzügl. Bibliographie) wird den am »Grabenkampf« gegenüber stehenden Parteien ein fundiertes und plausibles Erklärungsmodell vorgestellt, das sich an neuen Erkenntnissen der Hirnforschung orientiert und zugleich die Möglichkeiten familientherapeutischer Arbeit erörtert.

Demnach handelt es sich bei der etablierten Behandlungsmethode durch Medikamentenverordnung um einen Trugschluss fehlinterpretierter Symptome, welche in ihrer Teufelskreiswirkung an die Schreien-Blähungs-Koliken-Schreien-Spirale erinnern. Das neue Modell macht sogleich Mut, die »Störung« als Herausforderung zu begreifen und sich mit aller elterlichen Kompetenz der besonderen »Begabung« ihres empfindsamen, wachen Kindes zu widmen, ohne an lebenslänglich medikamentöse Behandlungspläne gefesselt zu sein:

»Dieses Modell geht davon aus, dass es Kinder gibt, die bereits als Neugeborene und während ihrer Kleinkindphase erheblich wacher, aufgeweckter, neugieriger und leichter stimulierbar, oder einfach nur empfindlicher, „dünnhäutiger“ und „unruhiger“ sind als andere.« (S. 69)

Eine vermutete Stoffwechselstörung als Folge eines Mangels an Dopamin, dem Botenstoff, der im Gehirn zwischen den Nervenzellen für die Weiterleitung aufgenommener Reize sorgt, wird mit Hilfe neuer Sichtweisen und Erkenntnisse in einem größeren Zusammenhang untersucht. Wer den Darstellungen der Autoren aufgeschlossen und unvoreingenommen folgt, mag der verbreiteten kritiklosen Verabreichung stimulierender Medikamente kaum mehr seine zweifellose Zustimmung schenken. Vielmehr eröffnet die neue Sichtweise ein weites Feld an Möglichkeiten konstruktiver Förderungsmaßnahmen.

An Hand von leicht nachvollziehbaren Fallbeispielen, in denen sich Betroffene in mancher Hinsicht wieder finden können, wird dem anfänglich in die Welt gesetzten „bösen Krankheitsbild“ seine destruktive Macht genommen, stellt sich die Problematik nun als durchaus mit alltäglichen Mitteln lösbare Aufgabe dar, in der Eltern fähig sind, ihr besonderes Kind auf besondere Weise in sein Leben zu begleiten. Um diesen von der Norm abweichenden Gegebenheiten gerecht zu werden und anfänglich unüberwindbar scheinende Hürden aus dem Weg zu räumen, ist die Inanspruchnahme einer familientherapeutischen Behandlung eine sinnvolle und begrüßenswerte Maßnahme zur langfristigen Beruhigung aller am Betreuungs- und Erziehungssystem beteiligten Personen.

Spannend und in jedem Fall hoffnungsvoll gestaltet sich die Beschreibung der Entwicklung des menschlichen Gehirns, auf die wir Menschen weitaus mehr Einfluss haben als häufig angenommen:

»Jahrzehntelang war man davon ausgegangen, dass die während der Hirnentwicklung ausgebildeten, neuronalen Verschaltungen und synaptischen Verbindungen unveränderlich seien. Heute weiß man, dass das Gehirn zeitlebens zur adaptiven Modifikation und Reorganisation seiner einmal angelegten Nervenzellverschaltungen befähigt ist und dass die Herausbildung und Festigung dieser Verschaltungen ganz entscheidend davon abhängt, wie und wofür wir unser Gehirn benutzen.« (S. 25)

Demzufolge kann die Verabreichung stimulierender Medikamente zu einer Verfestigung ungenügend entwickelter Hirnfunktionen führen. Wer dagegen bereit ist, sich in vielfältiger Hinsicht kreativ und auch experimentell in seinem Verhaltensrepertoire zu erweitern, das Familienleben an den ungewöhnlichen Anforderungen auszusteuern und übernommene erzieherische Vorstellungen zu hinterfragen, darf durchaus auf positive Überraschungen in der Entwicklung seines Kindes gespannt sein, um nicht selten auf gleichem Wege lang gehegte Kreativitäts-Blockaden im eigenen Denk- und Seelenhaushalt zu lösen.

Jutta Riedel-Henck, 2. Oktober 2003

 

Weiterführende Links

Die Strukturierung des kindlichen Gehirns durch Erziehung und Sozialisation
Leseprobe aus »Neues vom Zappelphilipp« von Gerald Hüther u. Helmut Bonney

Systemisches Seminar Heidelberg
Dr. med. Helmut Bonney, Arzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Kinderheilkunde

ADHS und Ritalin
Kritische Anmerkungen von Prof. Dr. rer. nat. Dr. med. habil. Gerald Hüther

Filter fürs Gehirn: Der sprunghafte Anstieg des Psychopharmakas Ritalin bei Kindern muss kritisch überprüft werden
Deutschlandfunk Sprechstunde vom 7.5.2002

Mehr als Ritalin-Kritik
von Axel Föller-Mancini

ADS-Kritik
Dipl.-Psych. Hans-Reinhard Schmidt
bitte nicht verwechseln mit der Homepage Ritalin-Kritik

 

 

Neuerscheinung

BonneyTherapieKlein03Helmut Bonney

Kinder und Jugendliche in der
familientherapeutischen Praxis

176 Seiten, kartoniert
€ 19,95
Carl-Auer-Systeme Verlag, Heidelberg
September 2003
ISBN 3-89670-418-4

 

 siehe dazu auch Rezension von Jutta Riedel-Henck

 

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PassoltHyperaktivitaet
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Michael Passolt (Hg.)

Hyperaktivität
zwischen Psychoanalyse, Neurobiologie und Systemtheorie

192 Seiten, kartoniert
€ 19,90
München, Basel: Reinhardt
2. Aufl. 2004
ISBN 3-497-01730-2

Dieses in zweiter korrigierter Auflage erschienene Buch thematisiert »Hyperaktivität« aus unterschiedlichen Perspektiven und wurde um einen Beitrag zur Neurobiologie von Gerald Hüther erweitert.

Aus dem Vorwort des Herausgebers Michael Passolt:

 

    »Die Autoren versuchen aus ihrer je unterschiedlichen Sichtweise sich dem Phänomen zu nähern, dabei nicht ihren Ansatz als wahr hinzustellen, sondern in Wertschätzung anderer Meinungen ihren Beitrag als ein Hinzufügen von Möglichkeiten des Verstehens von „Hyperaktivität“ zu begreifen. Hierbei geht es weniger um ein Diagnostizieren oder Abgrenzen, sondern um das Angebot, mit den Stärken des Kindes Neues zu ermöglichen. Das Navigieren des Kindes als seine Antwort auf die gesellschaftliche Realität zu begreifen. […]
    In den Fragen und Erklärungsversuchen wird eine Vorgehensweise geschaffen, die Vielfalt, das Mosaik von Persönlichkeit und Subjektentwicklung unter den unterschiedlichsten Entwicklungsbedingungen, verstehbar zu machen.« (S. 10)

     

Ein populärwissenschaftlicher Ratgeber für Eltern ist dieses Buch nicht. Es bedarf mancher Fach-Kenntnisse zum Verständnis der teilweise hochtheoretischen Ausführungen, die durch Fallbeispiele in die Realität zurückfinden und für den Leser nachvollziehbar werden.

Es scheint, als sei zunächst eine vollkommen neue Weltanschauung von Nöten, um sich der Problematik hyperaktiver und aufmerksamkeitsgestörter Kinder auf eine Weise zu widmen, die in ihrer Verhaltensauffälligkeit eine sinnvolle Antwort auf umweltbedingte Einflüsse in sozialen Systemen sieht. »Hyperaktivität« ist demnach keine Krankheit, die sich bekämpfen ließe, sondern eine Reaktion individuell zu entschlüsselnder Unstimmigkeiten, welche sich auf dem Hintergrund familiärer Zusammenhänge zu verfestigen drohen und nach unkonventionellen Lösungen verlangen.

Die hochkomplexen Ausführungen mit wenigen Zeilen zusammenfassend zu reflektieren, ist mir mangels tieferer Einsichtigen in die spezifischen Therapieformen und ihrer Hintergründe kaum gegeben. Wohl aber, diese zum Weiterdenken anregende Sammlung verantwortungsbewusst vorgetragener Texte als Lektüre zu empfehlen für all jene, die beruflich auf der Suche sind nach neuen Möglichkeiten oder auch Bestätigungen eigener Erfahrungen und Sichtweisen im Umgang mit Kindern, die mit dem Kopf durch verschlossene Türe laufen, obwohl sie im Besitz eines Schlüssels sind.

Jutta Riedel-Henck, 28. August 2004

 

Inhalt

D. Mattner: Hyperaktivität aus der Sicht der Heilpädagogischen Anthropologie

M. Passolt: Im Dialog mit hyperaktiven Kindern. Psychomotorische Therapie im Netzwerk von Alltag, Familie, Schule und Gesellschaft

M. Gerspach: Hyperaktivität aus der Sicht der Psychoanalytischen Pädagogik

M. Günter: Körperbild, Identität und Objektbeziehungen – Das Bild des eigenen Körpers als Beziehungsangebot

J. Stork / W. Hüttl / A.-L. Thaler: Hyperaktivität und Aufmerksamkeitsstörung – Syndrom oder Symptom? Erfahrungen aus der psychoanalytischen Arbeit mit HKS-Kindern und ihren Familien

H. von Lüpke: Hyperaktivität zwischen »Stoffwechselstörung« und Psychodynamik

A. Wölfl: Rhythmische Strukturen in Entwicklungsprozessen

R. Balgo / R. Klaes: Über die Koordination von Verschiedenheit. »Hyperaktivität« als Problem und Bewegungstherapie als lösungsorientiertes Angebot. Eine systemische Perspektive

G. Hüther: Die nutzungsabhängige Herausbildung hirnorganischer Veränderungen bei Hyperaktivität und Aufmerksamkeitsstörungen: Einfluss präventiver Maßnahmen und therapeutischer Interventionen

 

Weiterführende Links

http://www.reinhardt-verlag.de

 

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MosetterADHS
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Kurt Mosetter / Reiner Mosetter

Die neue ADHS-Therapie
Den Körper entstressen
Ein Übungsbuch

155 Seiten, kartoniert
€ 14,90
Walter, Düsseldorf u. Zürich
September 2005
ISBN 3-530-40178-1

Die von Kurt und Reiner Mosetter vorgestellte »neue ADHS-Therapie« bewegt sich zwischen medikamentösen und psychologisch orientierten Therapien. Im Mittelpunkt steht der Körper als »grundlegender Referenzpunkt und Zentrum unserer Konzentration«:

 

    »Über unseren Körper können wir unsere Unaufmerksamkeit in ein zielgerichtetes und aufmerksames Handeln umwandeln. Auch unkontrollierte Hyperaktivität und Impulsivität wird durch unseren Körper begründet; aus unserem Körper heraus wird die Unruhe gespeist. Umgekehrt kann über den Körper eine Ent-stressung erreicht werden.« (S. 10)

     

Teil 1 des Buches widmet sich einer Beschreibung von Aufmerksamkeitsdefizit und Hyperaktivität, ihren Grundmerkmalen, möglichen Ursachen und Einflüssen sowie der offiziellen Bestimmung und Einordnung von ADHS.

In Teil 2 wird der Körper als Zentrum und Schnittpunkt thematisiert und die Komplexität des Störungsbildes mit Hilfe eines Gitternetzes veranschaulicht.

Der Myoreflextherapie (Neuromuskuläre Tiefenentspannung) und KiD-Übungen (Kraft in der Dehnung) ist der 3. Teil gewidmet:

 

    »Diese Methode zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass sie im Hinblick auf Störungen wie ADHS eine andere, komplementäre Ebene als Ausgangspunkt nimmt. Komplementär in dem Sinne, als der Körper als Ausdruck und Träger der ADHS-Symptome verstanden wird. Sie setzt also nicht im „schulischen“, psychologischen, sozialen Bereich […] und auch nicht im nur stofflichen Bereich […] an, sondern vielmehr dazwischen – im körperlichen bzw. neuromuskulären Bereich.« (S. 58)

 

Wirklich zur Praxis kommt es erst im 4. Teil. Mit Hilfe von Fotos werden konkrete und im Alltag leicht umzusetzende Übungen vorgestellt.

Mit Hinweisen und Tipps zu unterschiedlichen Trainings- und Therapiekonzepten beschließt der 5. Teil das kompakte Werk, welches mit seinem Untertitel »Übungsbuch« ein wenig in die Irre leitet, überwiegen doch die theoretischen Grundlagenerläuterungen in hohem Maße. Wer sich mit dieser sinnvollen neuen Methode eingehend befassen möchte, sollte das Buch vielleicht häufiger lesen und als Ergänzung »Kraft in der Dehnung: Ein Praxisbuch bei Stress, Dauerbelastung und Trauma« derselben Autoren hinzuziehen.

Jutta Riedel-Henck, 19. Dezember 2005

 

Weiterführende Links

Patmos-Verlag, weitere Infos zu Die neue ADHS-Therapie

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© 2012 by J. Riedel-Henck

 

 

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