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Gedanken und Beobachtungen
zur Pressearbeit

 

Das Thema »Schreibabys« wird von der Presse in zunehmendem Maße aufgegriffen. Neues wird in diesem Zusammenhang allerdings selten berichtet. Auch die alten Vorurteile, »Dreimonatskoliken« seien Ursache für übermäßiges Schreien in den ersten drei Lebensmonaten, erfahren in einigen Artikeln beharrliche Pflege.

Einen besonders peinlichen »Bericht« fand ich kürzlich bei einer Recherche im Internet. Hier wurde der Fall einer Mutter mit Schreibaby Lisa konstruiert und mit Hilfe von teilweise wörtlich übernommenen Zitaten aus meinem Buch Weinendes Baby – ratlose Eltern ausgebaut. Im Folgenden einige Auszüge aus dem Artikel »Schreiende Babys haben immer was zu sagen« von Anja Bothe und Christian Thiel, erschienen in der Berliner Morgenpost am 7.2.1999:

 „Lisa schreit. Im Gesicht ist sie krebsrot, ihre Händchen sind geballt, die Knie an den Leib gezogen. Manchmal dauern Lisas Schreianfälle eine Viertelstunde, manchmal auch mehrere Stunden. ... Anschließend sinkt sie erschöpft in den Schlaf. »Ich bin in ständiger Erwartung neuer Katastrophen«, sagt ihre Mutter, Helene Feindinger.“

Helene Feindinger bin ich, die schrieb: »Ich lebte in einem Zustand ständiger Erwartung neuer Katastrophen, unzählige Zeitzünder erahnte ich in der Bombe Baby, meiner Tochter, deren Explosionen ich wie einen kriegerischen Angriff auf meine Seele empfand – trotz aller Liebe.« (Weinendes Baby, S. 46) Die Art des Schreiens von Lisa entstammt dem Zitat von S. 14. Warum lange selber recherchieren, wenn doch alles gebunden vorliegt? Frau Feindinger weiter in der Morgenpost:

»Ich kann das Schreien meiner Tochter oft nur noch als kriegerischen Angriff auf meine Person empfinden – trotz aller Liebe.«“

Na also, da haben wir auch den kriegerischen Angriff ...

Aber warum sich immer die Mühe geben, die Sätze ein wenig umzustellen, einzelne Wörter zu variieren, wenn es noch einfacher geht?

»Schreiende Kinder sind schwer zu überhören. Sie schreien um Hilfe«

wörtliches Zitat von S. 13, 2. Absatz, ebenso das folgende:

„»Eine Kundin hat mich mal böse beschimpft, wie ich es wagen könnte, mit einem schreienden Baby so ruhig einzukaufen. Sie sagte, die Verkäuferinnen müßten schließlich arbeiten. Ich war so sprachlos, daß mir die Tränen kamen«, ...“

Das sagte natürlich Frau Feindinger während der Behandlung beim Diplompsychologen Thomas Harms. Die Initialen auf S. 132, 2. Zitat in meinem Buch sind allerdings echt: A.S.-D.

„Es kann vorkommen, daß ein Baby sich bei der Unterhaltung mit seiner Mutter gestört fühlt und durch Schreien reagiert, weil es zu vielen Reizen ausgeliefert und überfordert ist. »Manche Eltern sind dann nicht in der Lage, die emotionale Ausdruckssprache des Babys zu verstehen«, meint Harms. Hält die Störung an, steigert es sich in sein Schreien hinein. Vielleicht hat es Angst, den Kontakt zu verlieren.“

Den Diplompsychologen Thomas Harms gibt es übrigens wirklich. Ob er aber in Person von den Autoren des Artikels interviewt wurde, möchte ich bezweifeln. In meinem Buch schreibe ich:

»Es mag z. B. vorkommen, dass ein Baby sich bei der Unterhaltung mit seiner Mutter gestört fühlt und durch Schreien reagiert, weil es zu vielen Reizen ausgeliefert und überfordert ist. Hält die Störung an, steigert es sich in sein Schreien hinein. Vielleicht hat es Angst, den Kontakt zu verlieren?« (S. 50)

Weitere Vergleiche möchte ich mir aus Zeit- und Lustgründen ersparen. Ein Paradebeispiel deutscher Pressefreiheit, das wert ist, nicht als seltene Lappalie unter den Tisch geschoben zu werden, wie ich finde. An die Redaktion der Berliner Morgenpost schrieb ich folgende E-Mail – mit einer Antwort ist gewiss nicht zu rechnen:

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

es freut mich, dass die Autoren des o. g. Artikels mein Buch "Weinendes Baby - ratlose Eltern" (München: Kösel-Verlag, 1998) so genau studiert haben, was ich den vielen Zitaten daraus entnehmen kann. Es freut mich auch, dass Ihre Redaktion sich dieser wichtigen Thematik angenommen hat, um Eltern aufzuklären und sie auf weiterführende Hilfsangebote zu verweisen.

Herzhaft lachen musste ich, als ich wörtlich zitierte Aussagen in dem Artikel wiederentdeckte, die von Müttern (einschließlich mir) stammten, deren Namen natürlich von der Redaktion verändert wurden. Eine entsprechende Bemerkung haben Sie wahrscheinlich in Ihrem Arbeitseifer einfach vergessen. Für die Leser ist es ohnehin völlig egal, wer was wann wie wo gesagt und getan hat.

Ich als Urheberin des Buches bin mit dieser Art der Informationsverwertung allerdings weniger einverstanden, kann jedoch nachvollziehen, dass Sie eine Nennung des Buchtitels unterdrücken mussten, da eventuelle Ähnlichkeiten bzw. wortwörtliche Übereinstimmungen zu offensichtlich ins Auge gefallen wären.

Schön, dass Sie Ihre Artikel im Internet verbreiten, so dass die Autoren der von Ihnen benutzten Grundlagenliteratur die Möglichkeit haben, sich ein wirklichkeitsgetreues Bild von Ihrer Arbeit zu machen.

Mit freundlichen Grüßen

Jutta Riedel-Henck

 

Wer von ähnlich komischen Fällen zu berichten weiß: bitte nicht schweigen. Presse und Medien können ihre Macht nur auf dem Boden all der gutgläubigen Leser missbrauchen, die ein Recht haben, aufgeklärt zu werden: aber wirklich!

Jutta Riedel-Henck, Januar 2000

 

Die Autorin des oben erwähnten Artikels hat sich inzwischen bei mir entschuldigt und mir kurz erklärt, wie es zu diesem Durcheinander gekommen ist. Das finde ich sehr lobens- und vor allem nachahmenswert. Danke schön!

Jutta Riedel-Henck, 23.März 2000

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Mittwoch, 28.11.2000

Immer wieder einmal schaue ich in die populären Elternzeitschriften auf der Suche nach Artikeln zum Thema Schrei- und Schlafprobleme. Gestern nun entdeckte ich in der Zeitschrift »Unser Baby«, Ausgabe 4/2000, einen Bericht zum Umgang mit Babys, die nicht einschlafen können, worin u. a. die Ferber-Methode vorgestellt wird. Am Ende wird den Eltern ein Beruhigungskonzert vorgeschlagen mit einer ausgewählten Folge von Liedern.

Wer mein Buch Weinendes Baby – ratlose Eltern kennt, wird vielleicht die enge Verwandtschaft zu dem Kapitel Der Umgang mit Musik, Tragehilfen und anderen »Beruhigungsmitteln«: Musik (S. 102-105) entdecken. Bereits in einer älteren Ausgabe der Zeitschrift »Leben und Erziehen« erschien ein ähnlicher Hinweis, allerdings, wie es sich für journalistisch ordentliche Arbeit gehört, mit der Nennung des Namens der Autorin.

Mag sein, dass mich die ein oder der andere für hypersensibel und pingelig hält, Volkslieder sind schließlich Gemeingut und jeder Mensch könnte möglicherweise jeder Zeit selber auf die Idee kommen, seinem Baby ein entsprechendes Beruhigungskonzert zu entwickeln und vorzusingen, wogegen ich überhaupt nichts einzuwenden hätte. Hier aber wird mit meinen Ideen Geld verdient, werden Zeitschriften gefüllt, die hohe Auflagen haben,  deren Redakteure ein Gehalt für ihre Arbeit bekommen. Ich habe selbst sehr hart und ausgiebig an meinem Buch gearbeitet und bin deshalb entsprechend sauer, wenn ich beklaut werde, vor allem, nachdem ich nun miterleben musste, wie mein Buch vom Markt verschwindet und meine Arbeit sich zumindest finanziell nicht für mich „rechnete“.

Darum werde ich auch in Zukunft auf solche mir auffälligen Verwandtschaften zu Inhalten meines Buches hinweisen. Ob sie nun tatsächlich einer zufälligen Übereinstimmung entspringen oder abgeschrieben sind, kann ich schwer beweisen, aber zur Diskussion stellen.

 Jutta Riedel-Henck

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© 2001 J. Riedel-Henck